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250. Geburtstag des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel am 27. August 2020

Vor genau 250 Jahren wurde am 27.08.1770 der große Philosoph des Deutschen Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegel in Stuttgart geboren.

(Auch die HLB Wuppertal möchte an diesen Tag erinnern, denn das Jubiläum hatte vor Monaten den Plan geweckt, eine Buchausstellung mitsamt Vortrag auf den Weg zu bringen. Schade! Die Pandemie hat zu vielen Veränderungen geführt – eben auch in der Bibliothek und in den Arbeitsschwerpunkten des Bibliotheksteams.)

Hegel bzw. seine Philosophie ist „schwere Kost“. Die Schwiegertochter Goethes soll nach einem Abendessen mit Hegel bemerkt haben, sie habe bei dem Gast eine völlig neue Nomenklatur gehört, eine „sich geistig überspringende Ausdrucksweise und seltsame philosophische Formeln“, und auf Goethes Frage, wie sie den Gast gefunden habe, soll sie geantwortet haben: „Eigen. Ich weiß nicht, ist er geistreich oder wirr?“ Schwer zugänglich sind seine Schriften und seine Philosophie. Aber als Hegel 1831 starb, war er der berühmteste Philosoph seiner Zeit.

Hegel entstammt einer pietistischen Beamtenfamilie. An die Universität Tübingen schreibt er sich 1788 für Evangelische Theologie und Philosophie ein. Zusammen mit dem Dichter Friedrich Hölderlin und dem Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling wohnt er im Tübinger Stift – diese „WG“ ist prägend, mit intensivem Austausch und enger Freundschaft. Nach dem Studium im Jahr 1793 ist Hegel einige Jahre als Hauslehrer in Bern tätig, bevor eine Erbschaft es ihm ermöglicht, eine akademische Laufbahn einzuschlagen und Schelling an die Universität Jena 1801 zu folgen. Dort habilitiert er, lehrt als Professor, muss aber 1806 Jena verlassen, als die Stadt von napoleonischen Truppen besetzt wird. Er wird Chefredakteur einer Bamberger Zeitung, dann Schulrektor in Nürnberg, bevor er 1816 endlich einen Ruf an die Heidelberger Universität erhält. Diese verlässt er aber bereits 1818 für die Nachfolge auf dem Lehrstuhl von Johann Gottblieb Fichte in Berlin. Hier bleibt er bis zum Ende seines Lebens, wird berühmt und avanciert zum „Professor der Professoren“ mit einem Einfluss über Preußen hinaus. 1829 wird er zum Rektor der Universität berufen, bevor er ganz unerwartet am 14. November 1831 verstirbt.

Hegel ist ein letzter Hauptrepräsentant – neben Fichte und Schelling – des Deutschen Idealismus, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Reaktion auf die Kantische Philosophie entstand und bis in die dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts in Deutschland wirkte. Der Anspruch der Hegelschen Philosophie ist es, die Wirklichkeit systematisch in ihrer Gänze darzustellen, so wie sie sich historisch entfaltet. Alle Formen der Wirklichkeit sollen aus einem Prinzip oder einem Sachverhalt systematisch erklärt werden – denn nur eine solche Theorie ist in der Lage, an die Stelle des Glaubens das Wissen treten zu lassen. Diese Zielsetzung, die Überwindung des Glaubens, stellt das Hegelsche philosophische Programm in den weiteren Zusammenhang der Philosophie der Deutschen Aufklärung. Das von Hegel zugrunde gelegte Erklärungsprinzip aller Wirklichkeit ist die Vernunft – und zwar als die Summe aller Realität. So kommt Hegel zu einer Identität von Vernunft und Wirklichkeit, die als ein Prozess zu denken ist, der die Erkenntnis der Vernunft durch sich selbst zum Ziel hat. Diesen Selbsterkennungsprozess der Vernunft darzustellen, ist die Aufgabe der Philosophie. Hegel sieht die Welt von einem großen Geist beherrscht, der sich Persönlichkeiten bedient, um die Geschichte in einem dialektischen Prozess voranzutreiben. Die Dialektik besteht aus These, Antithese und Synthese: Eine Kraft wirkt – eine andere stellt sich ihr entgegen, und auf einer höheren Ebene strebt der geschichtliche Prozess weiter dem Ziel, einer Idealwelt die Freiheit bedeutet, entgegen. Diesen „Weltgeist zu Pferde“ zu spüren, meinte Hegel 1806 in Jena, als Napoleon die Stadt mit seinen Truppen erreichte.

Die ganze Hegelsche Philosophie und auch ihre umfangreiche Rezeption sollen hier nicht umrissen werden – das alles sprengt den Rahmen.

Im Hegel-Jahr 2020 kann aber festgestellt werden, dass ein neues Interesse an seinen Theorien und Schriften vorhanden ist und er Denkanstöße für unsere Zeit liefert. Er kann als Optimist und als Verfechter eines gesellschaftlichen Fortschritts und einer Rechtsgleichheit aller Bürger gelten und wird in der Literatur auch als „Denker der Moderne“ bezeichnet.

Werkausgaben

In der ersten Werkausgabe von 1832–1845 „Werke“ waren von den Herausgebern stark überarbeitete Vorlesungsmitschriften und Notizen enthalten. Die „Akademieausgabe“ (ab 1968) veröffentlicht stattdessen die unbearbeiteten Vorlesungsmitschriften und Notizen, soweit sie erhalten sind.

Die HLB Wuppertal hat in ihrem Bestand die folgenden Werkausgaben:

1) Werke (in 20 Bänden). Auf der Grundlage der Werke von 1832 bis 1845 neu ediert. Redaktion: Eva Moldenhauer, Karl Markus Michel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1969–1971. Dazu Helmut Reinicke: Register. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986. (Signatur LC 4/190,…)

2) Sämtliche Werke. Herausgegeben von Georg Lasson, später von Johannes Hoffmeister. Meiner, Leipzig 1911 ff. (unvollständig geblieben) (Signatur: LC 4/94…)

3) Sämtliche Werke. Jubiläumsausgabe in zwanzig Bänden. Neu herausgegeben von Hermann Glockner. Stuttgart 1927–1940 (Signatur LC 4/123,.)

4) Gesammelte Werke (Akademieausgabe; GW). Herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Meiner, Hamburg 1968 ff. (Signatur: LC 4/5002,…)

Sekundärliteratur

Im Katalog der HLB gibt es 256 Treffer auf eine Suchanfrage nach dem Schlagwort „Hegel, Georg Wilhelm Friedrich“ – und dies sind nur die Monographien.

Hier sei im Folgenden nur eine Auswahl an Einführungen und Biographien genannt.

Einführungen und Handbücher:

    Paul Cobben u. a. (Hrsg.): Hegel-Lexikon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-16895-X. (Signatur: LC 4/350)

Dietmar Darth: Hegel, 100 Seiten. Reclam, Ditzingen 2020. ISBN: 978-3-15-020559-4. (Signatur: LC 4/443)

    Dina Emundts, Rolf-Peter Horstmann: G.W.F. Hegel. Eine Einführung (= Reclams Universal-Bibliothek 18167). Reclam, Stuttgart 2002, ISBN 3-15-018167-4. (Signatur: LC 4/399)

Dietmar H. Heidemann … (Hrsg.): Hegel und die Geschichte der Philosophie., WBG, Darmstadt 2007, ISBN: 978-3-534-18560-3. (Signatur: LC 4/358)

Reinhard Hiltscher … (Hrsg.): Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Neue Wege der Forschung. WBG, Darmstadt 2012, ISBN:  978-3-23004-4. (Signatur: LC 4/406)

Walter Jaeschke: Hegels Philosophie. Meiner, Hamburg 2020. ISBN: 978-3-7873-3704-0. (Signatur: LC 4/450)

    Walter Jaeschke: Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule. 2. Auflage, Metzler, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-476-02337-7. (Signatur: LC 4/411)

Eberhard Rathgeb: Zwei Hälften des Lebens. Hegel und Hölderlin, eine Freundschaft. Blessing, München 2019. Signatur:978-3-89667-597-2. (Signatur: LC 4/447)

     Georg Römpp: Hegel leicht gemacht. UTB, Stuttgart 2008, ISBN 3-412-20179-0. (Signatur: LC 4/371)

    Herbert Schnädelbach: G.W.F. Hegel zur Einführung. 5, unveränd. Auflage, Junius, Hamburg 2013, ISBN 978-3-88506-352-0. (Signatur: LC 4/419)

    Herbert Schnädelbach (Hrsg.): Hegels Philosophie. Kommentare zu den Hauptwerken. 3 Bände, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-518-06587-4. (Signatur: LC 4/323…)

     Günter Zöller: Hegels Philosophie – eine Einführung. Beck, München 2020. ISBN: 978-3-406-74960-5. (Signatur: LC 4/439)

Biographien:

    Kuno Fischer: Hegels Leben, Werke und Lehre. Winter, Heidelberg 1901, (Geschichte der neuern Philosophie, Bd. 8), (Signatur: LC/14,8/I und II)

    Karl Rosenkranz: Georg Wilhelm Friedrich Hegels Leben. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988 (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1844) (Signatur: LC 4/81)

    Klaus Vieweg: Hegel. Der Philosoph der Freiheit. Biographie. Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-74235-4. (Signatur: LC 4/446)

Aufsatzliteratur:

Zum Thema Hegel und die Religionsphilosophie ist der folgende Aufsatz erschienen:

Jan Rohls: Drachensaat des Pantheismus?: Georg Wilhelm Friedrich Hegel und die Religionsphilosophie des deutschen Idealismus. In: Zeitzeichen. 21.2020, Heft: 8, Seiten: 47-50. (Standort in der HLB: ZS-Box 10)

Museum:

In Stuttgart wird am 27. August 2020 pünktlich das neue Museum Hegel-Haus eröffnet – mit Live-Übertragungen auf den sozialen Medien. Es ist viel Multimediales dabei, und es gibt sogar einen Escape-Room genannt nach einem Hauptwerk „Die Phänomenologie des Geistes“. Infos unter: https://www.hegel-haus.de/

Und eine gute Adresse: Der Deutschlandfunk

Die 2019 erschienene und oben genannte Biographie von Klaus Vieweg ist viel besprochen und beachtet worden. Zum Beispiel im Deutschlandfunk:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/mit-hegel-durch-die-coronakrise-freiheit-heisst-nicht-dass.1008.de.html?dram:article_id=474037

und:

https://www.deutschlandfunk.de/klaus-vieweg-hegel-der-philosoph-der-freiheit-gedachte-und.700.de.html?dram:article_id=482568

Die Philosophin Andrea Kern im Gespräch über die „Hochaktualität Hegels“:

https://www.deutschlandfunk.de/freiheit-oder-naturalismus-zur-hochaktualitaet-hegels.1184.de.html?dram:article_id=482684

Am 27.8.2020 erinnern der WDR 5 in seiner Reihe „ZeitZeichen“ und der Deutschlandfunk in seiner Reihe „Kalenderblatt“ übrigens jeweils an den Jubilar.

Happy Birthday, Hegel!

HLB Wuppertal / August 2020 / Elke Claussen

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